Remains of the month

Ich habe einen Monat Blog-Urlaub gemacht, um die wichtigste Frage vorab zu beantworten: Das Wetter war schön.
Und was war sonst?

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OK, damit ist auch mir nun klar, dass „lecker“ seine norddeutsche Heimat und sein vorwiegend kulinarisches Umfeld verlassen hat, um in Jugend- bzw. Umgangssprache deutschlandweit Raum zu greifen.

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Früher waren es noch Wellensittiche und Kanarienvögel oder um es mit der 20. Staffel von South Park zu sagen: Member the 80s?

Impressionen aus Freiburg:

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Was wurde aus Soylent Green?

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Das hippe Freiburg begnügt sich natürlich nicht mit Lovelocks, hier gibt es auch Shoefiti.

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Tonfrequenzsperre wäre doch ein hervorragender Name für eine Band, bevorzugt aus dem elektronischen Bereich. Während ich einen Mantelstromfilter besitze und betreibe, war mir die Funktion der Tonfrequenzsperre unbekannt, ein Blick in Wikipedia gibt Aufschluss, im Eintrag zur Blindleistungskompensation heißt es dazu:
„Bei Anwendung der Blindstromkompensation in einem Netz mit Rundsteueranlage kann der Einsatz von Tonfrequenzsperren notwendig werden, um ein Absaugen der niederfrequenten Rundsteuersignale aus dem Netz durch die Kompensationsanlage zu verhindern.“
Klingt schlüssig.

Impressionen aus Basel:

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Die Schweiz und damit auch Basel sind ein teures Pflaster, das merkte ich neben der Gastronomie an der örtlichen Bettlerszene. Auf einer Rheinbrücke hielt abrupt ein etwas ungepflegter Herr mit seinem Fahrrad (betteln per Velo war neu für mich) neben mir und erbat bzw. forderte mit einer schwer verständlichen Erklärung (die mit einer möglichen Suchterkrankung zu tun haben mochte) nicht die üblichen monetären Brosamen („ein bisschen Kleingeld“, „n‘ Euro“) sondern flotte 5 Franken. Das erschien mir dann doch unverhältnismäßig, ich gab ihm (immerhin) 2 Euro, wofür er sich mit einem unwirschen „Arschloch“ bedankte und davon fuhr. Ich nahm diesen Undank gelassen, denn kurz vorher hatte ich im Basler Münster die hervorragende Buchausstellung zu Erasmus von Rotterdam und seiner Ausgabe des Neuen Testaments von 1516 gesehen, das hatte mich offensichtlich ausreichend mit Humanismus verstrahlt. Zudem war diese exquisite Ausstellung kostenfrei zu besichtigen, anderswo hätte man für so was locker 5 Euro Eintritt verlangt, die ich ohne zu murren gezahlt hätte, beide Ereignisse zusammen betrachtet, hatte ich somit keinen finanziellen Nachteil erlitten.
Apropos Geld.

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Dieser Spruch ziert das Basler Rathaus, passt irgendwie zur vorstehenden Episode, ist ein interessanter Kommentar zu unserer Zeit und soll als Motto für immer über diesem Blog stehen.

Impressionen aus Straßburg.

Einen ziemlich großartigen Kontrast bietet dort das Europaviertel. Wie viele andere „Retortenviertel“ (z.B. UNO-City in Wien oder La Defense in Paris) musste es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in eine bestehende Stadtstruktur integriert werden, was nicht immer einfach ist (man braucht freien Platz, es soll nicht total außerhalb der Stadt liegen, etc.). In Straßburg führt dies zu sehr hübschen Kontrasten, etwa wenn man sich von Westen her nähert und aus einer kleinbürgerlichen Wohngegend kommend plötzlich vor den pompösen Bauten der europäischen Institutionen steht. Noch krasser am östlichen Rand des Viertels, wo sich etwa dieser Blick auf das Europaparlament bietet.

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Einmal um 180 Grad umdrehen sieht es so aus.

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Ich mag keine Zoos, normalerweise habe ich mit ihnen auch nichts zu tun, weil sie von großen Zäunen umgeben sind und man Eintritt zahlen muss, um sie zu besuchen. Der Zoo in Straßburg erfüllt all dies nicht, sondern liegt frei zugänglich im schönen Orangerie Park (und zudem in unmittelbarer Nähe zu einem von mir besuchten Restaurant). Dummerweise bin ich einmal durch den Zoo gelaufen und wäre fast all meiner positiven Stimmungen beraubt worden. Wie in einem Fantasyfilm, in dem eine böse Macht Lebensenergie aus seinen Opfern saugt, hat dieses triste Tiergefängnis mein heiteres Gemüt geschädigt. Wo ist PeTA wenn man sie mal braucht?

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Zum Glück patrouillierten hier keine schwer bewaffneten französischen Soldaten mit Gewehr im Anschlag (die mich aufgrund ihrer Kleidung und ihres gemächlichen Ganges immer an Graugänse erinnern), denn sonst hätte die Gefahr bestand, dass ich einem seine Waffe entreiße, um die Tiere des Zoos von ihrem Elend zu erlösen. Die Soldaten hätte die Situation vermutlich falsch gedeutet, was mir nicht gut bekommen wäre und schon hätten alle wieder vom fürchterlichen Terror geredet, wo die Hintergründe doch ganz andere gewesen wären.

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Als ich dieses Lokal sah, poppte sofort die Assoziation zum Song Psycho Chicken von den Fools, der humorigen Coverversion von Psycho Killer der Talking Heads, in meinem Kopf auf. Seitdem bin ich am Rätseln, ob dieser Restaurantname reiner Zufall oder eine super subkulturelle Anspielung ist. Blick auf die Homepage des Restaurants (das in erster Linie paniertes Hühnchen anbietet) zeigt, das sich der Name von Koch und Chef Saiko Kolev ableitet, die Seite ist eher konservativ, von popkulturellen Referenzen keine Spur. Also Zufall? Fällt mir schwer zu glauben. Warum nennt er seinen Laden dann nicht Saiko Poulet? Und wenn er schon das englische chicken nimmt, warum dann nicht auch das zugehörige Genitiv-s, also Saiko’s Chicken? Andersrum: Wer kennt schon den Song Psycho Chicken und versteht die Anspielung darauf? Vielleicht ein privater Joke des Besitzers? Fragen über Fragen oder um aus Psycho Chicken zu zitieren: Psycho chicken. Qu’estce que c’est?

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Über meine Probleme mit der modernen Kunst habe ich schon in meinem Blog-Eintrag zu Köln gesprochen. Ins Musée d’Art Moderne et Contemporain de Strasbourg bin ich vor allem deshalb gegangen, weil dort Bilder von Gustave Doré ausgestellt sind. Zum einen sind es nicht besonders viele, zum anderen waren es Gemälde und keine Zeichnungen, für die er in erster Linie bekannt ist und für die ich ihn besonders schätze, also hatte ich das schnell erledigt. Da ich nun schon einmal da war und Eintritt gezahlt hatte, sah ich mir auch das restliche Museum an, fand durchaus manch Schönes und Interessantes aber auch vieles, vor dem mein Kunstverständnis einmal mehr kapitulierte. Musterbeispiel diesbezüglich war diese (ausgestopfte!) Katze mit aufgesetztem Eclair (= ein französisches Gebäck), die sich im Kreis drehte. Jedes Mal, wenn ich vor solchen Werken stehe, setzt sich in mir hartnäckig das Gefühl fest, verarscht zu werden. Sofern dies nicht die Intention des Künstlers war, muss erneut eine Inkompatibilität zwischen mir und großen Teilen der sog. modernen Kunst festgestellt werden.

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